WI.TEC Sensorik
Wärmeleitfähigkeitssensoren
Wärmeleitfähigkeitssensoren (WLS)
Einleitung
Die Analyse von Gasgemischen, mit Hilfe von Wärmeleitfähigkeitszellen, ist schon seit über 100 Jahren bekannt und gilt somit als die älteste, physikalische Methode auf dem Gebiet der Gasmesstechnik. Der Grund dafür liegt vor allem durch den einfachen Aufbau, der ohne zusätzlichen elektronischen Aufwand (z.B. Verstärker), eine direkte Konzentrationsanzeige ermöglicht. Dazu wird ein temperaturabhängiges Messelement (Heizdraht, Thermistor, Dünnschichtwiderstand) in einer Messkammer integriert, in der das zu analysierende Gasgemisch geleitet wird. Das Messelement wird mit dem Messstrom aufgeheizt, so dass sich im Gleichgewichtszustand eine konstante Temperatur einstellt. Gelangt nun ein Gasgemisch, mit einer höheren Wärmeleitfähigkeit in die Messzelle, so kühlt das Messelement sich ab und der Widerstand verändert sich. Über diese Widerstandsänderung lässt sich die Wärmeleitfähigkeit des Gasgemisches bestimmen und somit dann auch auf ihre Zusammensetzung schließen.
Die ersten technischen Anwendungen von Wärmeleitfähigkeits-Messgeräten lagen in der Reinheitskontrolle und Leckageüberwachung von Füllgasen (Wasserstoff/Helium) in der Luftschifffahrt (Zeppelin). In den ersten U-Booten wurde diese Messmethode auch für die Regelung der Luftqualität unter Wasser eingesetzt, die sich auf den CO2-Gehalt als Regelgröße bezog.
Heute wird die Gasanalyse nach dem Wärmeleitfähigkeitsverfahren vor allem in der chemi-schen Verfahrenstechnik (z.B. Chlorgasanalyse, Reinheitskontrolle bei der Luftzerlegung usw.) und der Gaschromatographie eingesetzt. Bei den meistens technischen Anwendungen der Wärmeleitfähigkeitssensoren (WLS) liegen ausschließlich zwei (binär) oder drei (ternär) Gaskomponenten vor.
Grundlagen
Die ersten exakten Messungen zur absoluten Wärmeleitfähigkeit λ von Gasen wurden schon 1888 von Schleiermacher1 durchgeführt. In der Folgezeit entstanden umfangreiche theoretische Abhandlungen zur Wärmeleitfähigkeit der Gase, die uns heute ein umfassendes Bild dieser Stoffgröße liefern.
Die Wärmeleitfähigkeit λ eines Gases bzw. Gasgemisches wird durch die Energieübertragung pro Zeiteinheit (→Wärmestrom = dQ/dt), bezogen auf ein Flächenelement dA über den Temperaturgradienten dT/ds, definiert. In Abb.1 ist der prinzipielle Aufbau einer Wärmeleitfähigkeitsmesszelle dargestellt. Die Wärmequelle befindet sich auf der linken Seite bei s=0 und überträgt die Wärme auf die Gasmoleküle. Die Gasmoleküle übertragen die Wärme ihrerseits durch Stöße auf andere Gasmoleküle und letztendlich dann auch auf die rechte Seite der Messzelle bei s=x. Die geometrischen Verhältnisse sind so ausgelegt, das der Übertragungsweg x nur wenige mm beträgt.
Die Berechnung der Wärmeübertragung erfolgt dabei über das empirische Gesetz von Fourier2 :
(1) = λ · gradT · dA
Die physikalische Einheit der Wärmeleitfähigkeit λ ist Wm-1K-1. In den unterschiedlichen Literaturstellen und Tabellenwerken findet man auch Angaben wie [µWcm-1K-1], oder [mWm-1K-1]. Eine weitere Möglichkeit der Darstellung ist auch die relative Wärmeleitfähigkeit zu Luft, die als „1“ normiert wird.
Für eine stationäre Wärmeleitung erhält man für eine Sensorgeometrie nach Abb.1 demnach:
(2) Q = λ · · (T1 - T2)
Die gesamte Wärmeübertragung erfolgt zwar zu einem Großteil über die Wärmeleitung, aber die Konvektion und die Wärmestrahlung können nicht vernachlässigt werden. Die vollständige Wärmeübertragung ergibt sich somit aus:
(3) ∑Qges. = QLeitung + QStrahlung + QKonvektion + QAnschlüsse
Der Strahlungsanteil liegt in einem Bereich von ≈ 10% der gesamten Wärmeübertragung. Da sich die Temperaturdifferenz ∆T, durch die unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeiten, nur um wenige °C ändert, können die Strahlung und die Konvektion (falls vorhanden) als konstante Größen einbezogen werden. Auch die Wärmeübertragung durch die elektrischen Anschlussdrähte kann als konstanter Anteil betrachtet werden.
Geometrie der Messzelle
Mit Gl. 1 lassen sich nun unterschiedliche geometrische Ausführungsformen berechnen. Die Berechnung der planparallelen Platten (c.) wurde in Gl.2 beschrieben. Bei diesem Aufbau wird das Messelement z.B. als Dünnschichtsensor auf einem Substrat (Mikrochip mit der Fläche A) betrachtet, das sich im Abstand d von einer weiteren Fläche (z.B. Zellenwand) befindet. Zwischen den beiden Flächen wird das Gasgemisch eingebracht. Der notwendige Gasaustausch darf nicht dazu führen, dass ein zusätzlicher Wärmetransport durch erzwungene Konvektion (Strömung) stattfindet, der die Wärmeleitung empfindlich stören würde. Diese Voraussetzung gilt naturgemäß für alle Zellengeometrien.
Der Einsatz von Thermistoren, die in Form einer kleinen Perle mit einem typischen Durchmesser von d < 1mm erhältlich sind, führt zu einem konzentrischen Aufbau (a.) der Zellengeometrie (Abb. 3.a). Thermistoren haben im Vergleich zu Platin oder Nickel einen sehr großen, negativen Temperaturkoeffizienten (NTC). Durch diese Eigenschaft lassen sich WLS mit einer hohen Empfindlichkeit herstellen. Thermistoren sind allerdings aufgrund der Materialzusammensetzung nicht so langzeitstabil wie ein metallischer Temperatursensor (z.B. Pt100). Die Wärmeübertragung P lässt sich mit folgender Gleichung berechnen:
(4) Q = P = λ · 8π · D · d · ()
Der einfachste Aufbau besteht aus einem gespannten Hitzedraht (z.B. Platin) in einer röhrenförmigen Messzelle (b.). Die Berechnungsformel ergibt sich analog zu den bereits beschriebenen Aufbauten:
(5) P = λ · 2π · l · (T1-t2)/ln()
Die Berechnungsformeln für die unterschiedlichen geometrischen Aufbauten lassen sich auch in einer vereinfachten Form darstellen, in der die geometrischen Verhältnisse durch einen Geometriefaktor (Zellenfaktor) G zum Ausdruck gebracht werden:
(6) P = λ · G · ∆T
Für eine unbestimmte Zellengeometrie, die von den drei Grundtypen abweicht, lässt sich der Geometriefaktor G auch experimentell bestimmen. Dazu wird die Gl. 6 nach G umgestellt und bei einer bekannten Wärmeleitfähigkeit λ des Gases und der elektrischen Leistung (P=U·I) die Temperaturdifferenz ∆T gemessen.
(7) G =
Die Einheit für den Geometriefaktor G ist demnach Meter [m].
Tabelle 1: Wärmeleitfähigkeit diverser Gase bei unterschiedlichen Temperaturen (p≈1bar) (Quelle: D` Ans Lax 1992)
Wärmeleitfähigkeit λ in µW/cm·K | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Formel | Stoff | 0°C | 25°C | 50°C | 100°C | 150°C | 200°C | a[K-1] |
He | Helium | 1430 | 1500 | 1580 | 1740 | 1900 | 2050 | 0,0022 |
Ne | Neon | 460 | 490 | - | 570 | - | 670 | 0,0023 |
Ar | Argon | 164 | 177 | 189 | 213 | 235 | 255 | 0,0028 |
Kr | Krypton | 87,8 | 95,1 | 102 | 116 | 129 | 142 | 0,0031 |
Xe | Xenon | 51 | 55,5 | 60 | 69 | 77,7 | 81,5 | 0,0030 |
N2/O2 | Luft | 241 | 260 | 276 | 314 | 354 | 385 | 0,0030 |
H2 | Wasserstoff | 1710 | 1810 | 1910 | 2110 | 2300 | 2490 | 0,0023 |
N2 | Stickstoff | 240 | 259 | 277 | 308 | 338 | 367 | 0,0026 |
O2 | Sauerstoff | 245 | 264 | 283 | 318 | 353 | 368 | 0,0029 |
CI2 | Chlor | 80 | 88,4 | 97 | 114 | 131 | 149 | 0,0043 |
CO | Kohlenmonoxid | 231 | 249 | 267 | 304 | 335 | 368 | 0,0030 |
CO2 | Kohlendioxid | 145 | 164 | 184 | 223 | 262 | 302 | 0,0054 |
H2O | Wasserdampf | 182 | 197 | - | 246 | 296 | 332 | 0,0041 |
H2S | Schwefelwasserstoff | 130 | 140 | - | 190 | - | 250 | 0,0046 |
NH2 | Ammoniak | 216 | 241 | 270 | 332 | 400 | 472 | 0,0059 |
NO | Stickstoffmonoxid | 239 | 257 | 275 | 310 | 346 | 380 | 0,0029 |
NO2 | Stickstoffdioxid | - | 140 | - | 190 | - | 250 | 0,0032 |
N2 | Lachgas | 153 | 173 | 193 | 236 | 280 | 322 | 0,0055 |
CS2 | Schwefelkohlenstoff | 78 | 81 | - | 120 | - | 160 | 0,0053 |
SO2 | Schwefeldioxid | 86,2 | 99,4 | 113 | 138 | 165 | 191 | 0,0061 |
SF6 | Schwefelhexafluorid | 120 | 130 | - | 190 | - | 250 | 0,0054 |
CH4 | Methan | 303 | 337 | 371 | 442 | 520 | 605 | 0,0050 |
C2H6 | Ethan | 183 | 212 | 245 | 316 | 385 | 465 | 0,0077 |
C3H8 | Propan | 151 | 180 | 210 | 272 | 340 | 425 | 0,0091 |
C4H10 | Butan | 135 | 163 | 185 | 245 | 310 | 380 | 0,0091 |
Druckabhängigkeit
Nach der kinetischen Gastheorie ist die Wärmeleitfähigkeit λ für einatomige Gase, dessen Moleküle aus starren Kugeln bestehen, unabhängig vom Druck. Tatsächlich ist diese Abhängigkeit im Bereich von 0,2 bar bis 2 bar sehr gering und beträgt für die meisten Gase mit unpolaren Molekülen nur 1% pro bar. Bei Gasen mit großen Molekülen kann die Druckabhängigkeit einige % pro bar betragen.
Erst wenn die mittlere freie Weglänge, bei einem sehr niedrigen Druck, in die Größenordnung der Zellengeometrie gelangt, lässt sich auch eine deutliche Druckabhängigkeit beobachten. Dieser Effekt wird z.B. für Vakuummessungen (Piranie-Effekt) im Grobvakuum genutzt. In Abb. 4 ist das Ausgangssignal einer Messbrücke mit einem Piranie-Sensor (WLS) dargestellt. Insbesondere der Druckbereich von 0,1 hPa bis 10 hPa lässt sich sinnvoll für eine Vakuummessung nutzen.
Atmosphärische Druckänderungen (+/- 100 hPa) können in der Regel vollständig vernachlässigt werden. Lediglich bei miniaturisierten Aufbauten (Mikromechanik, Zellengeometrie d<1mm) lässt sich auch eine atmosphärische Druckabhängigkeit nachweisen.
Gasartabhängigkeit
Die Gasart hat einen sehr großen Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit. Wichtigster Einflussfaktor ist dabei die molare Masse M des jeweiligen Stoffs. Es gilt:
(7) Cv = M · cv
Die Wärmeleitfähigkeit λ verhält sich umgekehrt proportional zur Molmasse M des jeweiligen Gases.
(8) λ = f · ɳ · d.H. λ ≈
Trägt man die gemessene Wärmeleitfähigkeit gegen die Molmasse M auf, so erhält man einen abfallenden Verlauf mit steigender Molmasse M. Man erkennt deutlich, dass nicht alle Gase auf der 1/M-Kurve liegen. Die Wärmeleitfähigkeit λ wird also noch durch weitere molekulare Strukturen (z.B. Dipolmoment) beeinflusst.
Gasgemische
Die Wärmeleitfähigkeit eines beliebigen Gasgemisches setzt sich in erster Nähe¬rung additiv aus den Konzentrationen (c1, c2, …cn) und Wärmeleitfähigkeiten (λ1 , λ2 ,… λn) der einzelnen Komponenten in dem Gemisch zusammen. Die Konzentrationen cn werden in der Regel als Molenbrüche bzw. Molgehalte angegeben. In der Praxis liegen die Konzentrationen als Vol.-% vor, so dass man cn auch folgendermaßen angeben kann:
(9) Cn
Die resultierende Wärmeleitfähigkeit λM lässt sich dann mit der Mischungs¬formel berechnen:
(10) λm = λ1 + λ2c2 + ··· + λncn
Für quantitative Gasanalysen lässt sich das Wärmeleitfähigkeitsver¬fahren zumeist nur für binäre Gasgemische einsetzen, da bei Konzentrationsänderungen in einem Mehrkomponenten-gemisch die ein¬deutige Zuordnung verloren geht. Ternäre Gasgemische (z.B. Luft, Wasser-stoff, Kohlendioxid) lassen sich z.B. durch eine Zusatzinformation (CO2-Messung mit einem NDIR-Analysator) ebenfalls analysieren.
Leider ist dieser lineare Ansatz nur für wenige Gasgemische gültig. Je nach Gaskombination können die Abweichungen erheblich sein. Um die Wärmeleitfähigkeit λ für ein bekanntes Gasgemisch trotzdem berechnen zu können, wird ein Korrekturfaktor r eingeführt. Dieser Faktor lässt sich allerdings nicht berechnen, sondern muss durch Versuche experimentell bestimmt werden.
(11) r =
Mit diesem Korrekturfaktor r wird dann die reale Wärmeleitfähigkeit der Gasmischung bestimmt.
(12) λM = r · (c1 · λ1 + c2 · λ2) bzw. λM = r · [c1 · λ1 + (1 - c1) · λ2]
Der Korrekturfaktor ändert sich allerdings auch mit dem Mischungsverhältnis c1/c2. Die Korrekturabgabe wird daher für 5 verschiedene Verhältnisse angegeben. In Tabelle 2 sind einige wichtige Gasgemische mit den dazugehörigen Korrekturfaktoren dargestellt.
Mischung | T in °C | r für cr · 102 | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
10 | 25 | 50 | 75 | 90 | ||
Ar-H2 | 101 | 0,99 | 0,97 | 0,97 | 0,96 | 0,98 |
Ar-He | 38 | 0,77 | 0,67 | 0,68 | 0,76 | 0,88 |
Ar-O2 | 29 | 0,88 | 0,75 | 0,65 | 0,62 | 0,71 |
CO-CO2 | 38 | 0,96 | 0,93 | 0,94 | 0,96 | 0,98 |
CO-N2 | 101 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 |
CO2-H2 | 25 | 0,87 | 0,77 | 0,63 | 0,60 | 0,71 |
CO2-N2 | 50 | 0,99 | 0,97 | 0,96 | 0,96 | 0,98 |
H2-He | 50 | 0,99 | 0,97 | 0,96 | 0,96 | 0,98 |
H2-NH3 | 25 | 0,81 | 0,72 | 0,75 | 0,83 | 0,91 |
He-Kr | 25 | 0,86 | 0,77 | 0,79 | 0,85 | 0,94 |
He-Ne | 18 | 0,60 | 0,52 | 0,55 | 0,70 | 0,85 |
Kr-N2 | 18 | 0,93 | 0,89 | 0,91 | 0,94 | 0,98 |
Kr-He | 30 | 0,96 | 0,93 | 0,88 | 0,87 | 0,92 |
N2-H2O | 18 | 0,98 | 0,97 | 0,96 | 0,97 | 0,98 |
N2-NH3 | 65 | 1,04 | 1,07 | 1,09 | 1,08 | 1,04 |
Xe-H2 | 75 | 1,05 | 1,11 | 1,14 | 1,12 | 1,08 |
Xe-N2 | 45 | 0,84 | 0,69 | 0,56 | 0,49 | 0,49 |
Xe-O2 | 45 | 0,90 | 0,84 | 0,78 | 0,81 | 0,89 |
CH4-C3H8 | 45 | 0,91 | 0,86 | 0,81 | 0,78 | 0,88 |
CO2-C2H8 | 75 | 0,98 | 0,95 | 0,93 | 0,94 | 0,96 |
Luft-CH4 | 95 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 |
Ar-H2 | 22 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 |
WMS-Gleichung
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Wärmeleitfähigkeit λM durch einen Ansatz (WMS-Gleichung) von Wassilijewa, Mason und Saxena zu berechnen. In diesem Ansatz wird die dynamische Viskosität ɳ und die molare Masse M berücksichtigt:
(13) λM = +
Die beiden Faktoren F1 und F2, ergeben sich aus dem folgenden Zusammenhang:
(14) F1 = und F2 =
Beispiel: CO2 in N2
Es soll nun die Wärmeleitfähigkeit eines Gasgemisches von 0 bis 100 Vol-% CO2 in N2 nach der WMS-Gleichung berechnet werden. Gegeben sind:
MCO2 = 44,00 g/mol
MN2 = 28,01 g/mol
ɳCO2 = 18,47 µPa·s
ɳN2 = 21,10 µPa·s
λCO2 = 22,87 W/K·m
λN2 = W/K·m
Mit diesen Werten lassen sich nun die beiden Faktoren F1 und F2 berechnen:
(15) F1 = = 0,7429
(16) F2 =
Sensoraufbau
In der Messkammer eines Wärmeleitfähigkeitssensors befindet sich ein Temperaturaufnehmer, der durch einen Messstrom IM aufgeheizt wird. Im Regelfall liegt diese Temperatur T1 ca. 100°C über der Blocktemperatur (T2). Wird der Sensorblock thermostatisiert (z.B. auf 50°C), so liegt die Temperatur T1 bei 150°C. Zwischen dem Temperaturaufnehmer und der Innenwand der Messkammer findet dann die Wärmeleitung durch das Messgas statt. Der Gasaustausch erfolgt zumeist durch Diffusion des Gases von außen in die Messkammer. Erzwungene Strömungen sollten unbedingt vermieden werden, um den Messeffekt der Wärmeübertragung nicht zu stören. Als Material für den Sensorblock wird Aluminium oder Edelstahl gewählt. Aluminium hat den Vorteil, dass es mechanisch leichter zu bearbeiten ist und eine sehr gute Wärmeleitung aufweist. Diese Eigenschaft ist für eine Thermostatisierung des Sensorblockes von Vorteil. Edelstahl wird vor allem bei korrosiven Gasgemischen (Chlorgas + Feuchte) bevorzugt, da es wesentlich beständiger ist als Aluminium. In Abb. 7 ist ein Sensoraufbau dargestellt, an dem die grundlegenden Funktionalitäten erklärt werden.
Der Messwiderstand wird durch den Messstrom IM auf die Temperatur T1 erwärmt. Die elektrische Verlustleistung P geht zu 90% (→ ɳ=0,9) durch Wärmeleitung über das Gas in den Sensorblock. Die restlichen 10% werden durch parasitäre Effekte (Strahlung, Konvektion usw.) abgeführt. Im stationären Zustand bildet sich ein konstantes Temperaturgefälle vom Sensorwiderstand bis zur Kammerwand mit ΔT=T1-T2 aus.
Zur Auswertung wird der WLS in einer Wheatstone’schen Messbrücke verschaltet. Der Brückenstrom teilt sich in diesem Fall in beide Brückenzweige auf. Befindet sich nur ein aktives Element in der Messbrücke, so wird der Strom IBr.2 durch den zweiten Brückenzweig möglichst gering gehalten. Dazu werden die Widerstände R3 und R4 im Vergleich zu R1 und R2 sehr hochohmig (x1000) gewählt. Der gesamte Strom IBr. geht dann nur noch über den aktiven Brückenzweig. Der Strom IBr.1 entspricht dem Messstrom IM.
Ein Aufbau nach Abb. 7 hat allerdings den Nachteil, dass sich unvermeidbare Temperaturänderungen auf das Messsignal übertragen und somit zu Verfälschungen führen. Die Berechnungen haben gezeigt, dass Temperaturänderungen in 1/1000 K Bereich bereits zu messbaren und somit störenden Effekten führen können. Eine Thermostatisierung des Sensorblockes ist auch mit großem Aufwand nur im Bereich ≈1/10 Kelvin machbar.
Die Wheatstone’sche Messbrücke kann diesen Fehlereinfluss aber kompensieren, indem ein zweiter Aufbau mit einer abgeschlossenen Referenzkammer eingesetzt wird. Diese Referenzkammer wird mit Luft, Stickstoff oder einem anderen Referenzgas gefüllt und hermetisch dicht verschlossen. Raumtemperaturänderungen werden auch von diesem Referenzsensor erfasst und können in der Brückenschaltung entsprechend kompensiert werden. Beide Widerstände (1+2) befinden sich dazu in einem Zweig der Messbrücke. Ändern sich beide Widerstände gleichermaßen, z.B. durch einen Anstieg der Umgebungstemperatur, so führt dies nicht zu einer Veränderung der Brückenspannung ΔUBr.. Der Einfluss der Wärmeübertragung durch Gaskonzentrationsänderungen in der Messkammer wird allerdings nur von diesem Widerstand erfasst. Der Referenzkanal bleibt unbeeinflusst und das Messsignal ΔUBr. ist dann eindeutig der Gaskonzentration zuzuordnen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Gasfüllung der Referenzkammer auch über einen langen Zeitraum (mehrere Jahre) stabil bleibt, da ansonsten das Messsignal wegdriften würde.
Mikromechanische WL-Sensoren
Seit 1990 werden im zunehmenden Maße auch miniaturisierte WL-Sensoren eingesetzt, die mit Hilfe von mikromechanischen Fertigungsverfahren hergestellt werden. In Abb. 10 ist ein solcher Sensor dargestellt. Durch den miniaturi¬sierten Aufbau des Sensors und dem damit verbundenen geringen Kammervolumen (V < 0,2mm³), erhält man eine sehr schnelle Messwertanzeige von τ < 100 ms. Diese Eigenschaft ist insbesondere bei Regelprozessen von großer Bedeutung.
Im Abb.12 ist das Sensorelement im Quer¬schnitt zu sehen. Der Aufbau besteht aus drei Teilen und zwar der Si-Bodenplatte, dem Sensorchip und der Si-Abdeckplatte. Der Sensorchip hat im Zentrum einen trapezförmigen Ausbruch, der durch einen anisotropen Ätzprozess hergestellt wird. Dadurch entsteht eine extrem dünne (<<1µm) Silizium-Nitrid-Membrane, die als Träger für die Messwiderstände (13) dient. Die Messwi¬derstände (Nickel) werden mit einer zusätzlichen Passivie¬rungs¬schicht aus Siliziumdioxid (SiO2) geschützt, um auch korrosive Gase und Wasserstoff messen zu können. Die Messwiderstände sind über Leiterbahnen an die Bonddrähte angeschlossen, die wiederum an die Kontakte der Druckglasdurchführung angeschlossen sind.
Die Temperatur der Messwiderstände lässt sich relativ einfach auf einen konstanten Wert regeln, der üblicherweise bei 180°C liegt. Die Leistungsaufnahme liegt dann, je nach Gasart, bei maximal P=30 mW. Die zugeführte elek¬trische Leistung P ist dann ein direktes Maß für die Wärmeleitung λM der Gasmischung und damit für die Konzen¬tration cX in der Mikro¬zelle. Die Wärmeüber¬tragungsanteile sind ebenfalls in Abb.12 darge¬stellt. Den Hauptanteil bildet dabei die Wärmelei¬tung durch das Gas zum Deckel (1) bzw. Sockel (2). Die Wärmeleitung (1) zur Abdeckplatte wird durch die gut wärmeleitenden Siliziumkomponenten (4) direkt an die Umgebung übertragen. Man kann daher davon ausgehen, dass die Temperatur der Si-Abdeckplatte der Umgebungstemperatur entspricht. Die laterale Wärme¬leitung (3) über die Membrane und die Konvektion können ver¬nachlässigt werden. Dies gilt bis zu einem gewissen Maß auch für die Strahlung. Da der Gasaus¬tausch in der Mikrozelle nur durch Diffusion erfolgt, ist der Anteil der erzwunge¬nen Konvektion ebenfalls zu vernachlässigen.
1 August Ludwig Eduard Friedrich Schleiermacher (1857-1953) deutscher Physiker
2 Jean Baptiste Joseph Fourier (1768-1830) französischer Mathematiker und Physiker.